Unsere Familie ist ein Team

Unbekannt, alter: 36

Um wen kümmern Sie sich? Seit wann?

Ich kümmere mich seit 5 Jahren um meinen Vater.

Erzählen Sie ein wenig von sich: Wie sieht Ihr Tagesablauf aus, wie lässt sich Ihre Pflegetätigkeit mit Ihren anderen Lebensaktivitäten, wie Arbeit, Familie und Ihren Hobbys vereinbaren?

Die Betreuung muss rund um die Uhr gewährleistet sein. Das fängt bei der Zubereitung des Frühstücks an und hört beim Zubettgehen auf. Ich muss darauf achten, dass mein Vater richtig isst. Mein Vater vergisst zum Beispiel, ob und wann er etwas gegessen hat. Mein Vater kann körperliche Bedürfnisse wie Hunger und Kälteempfindungen nicht mehr klar wahrnehmen und zuordnen. Er braucht daher viel Unterstützung bei allen Alltagsaktivitäten. Dazu gehört auch, sich richtig anzuziehen und schmutzige Wäsche zu waschen. Mein Vater ist auch nicht mehr in der Lage, seinen Tagesablauf selbst zu organisieren.

Er ist auf Hilfe angewiesen. Wir versuchen, interessante Aktivitäten in seinen Tagesablauf zu integrieren, wie zum Beispiel spazieren zu gehen. Aber es ist meist schwierig, dies mit unserer Arbeit zu vereinbaren. Unter der Woche ist die Zeit oft knapp bemessen. Ich arbeite viel von zu Hause aus, um präsent zu sein, denn mein Vater kann nicht über längere Zeit allein sein. Das ist eine große Einschränkung für mich und lässt mich zwischen den Stühlen sitzen. Man versucht, seine Arbeit gut zu machen, aber man will auch für seinen Vater da sein. Da bleibt dann oft nicht viel Zeit für Hobbys.

Was sind die größten Herausforderungen, denen Sie begegnen?

Die größte Herausforderung besteht darin, sich nicht in der Pflege zu verlieren. Es ist leicht, seine eigenen Bedürfnisse zu vernachlässigen. Die Pflege nimmt viel Raum und Zeit in Anspruch. Es ist kein Job, den man nur ein oder zwei Stunden lang macht; mein Vater muss rund um die Uhr betreut werden. Es ist schwierig, Arbeit und Pflegeaufgaben unter einen Hut zu bringen. Außerdem gibt es kaum staatliche Hilfe. Man hat mit den Behörden zu kämpfen und bekommt nicht viel Unterstützung vom Staat. Oft hat man das Gefühl, dass der Staat gegen einen arbeitet und nicht mit einem.

Es ist schwierig, die dringend benötigte Unterstützung zu bekommen. Die meiste Unterstützung habe ich von der Alzheimer-Gesellschaft erhalten. Auch für Demenzkranke gibt es kaum Unterstützung. Mein Vater wurde in jungen Jahren diagnostiziert und passt daher nicht in das klassische Schema. Es gibt kaum Unterstützung. Eine große Herausforderung ist es oft, ruhig zu bleiben. Man muss vieles immer wieder erklären, denn mein Vater kann sich nicht mehr gut erinnern. Man muss sich Zeit nehmen, die man oft nicht hat. Und natürlich ist es schwierig, Dinge immer wieder zu wiederholen. Es ist auch schwierig, mit der Veränderung der Persönlichkeit meines Vaters umzugehen.

Wie versuchen Sie, mit diesen Herausforderungen umzugehen?

Ich wechsle mich mit meiner Mutter und meinem Bruder bei der Pflege ab. Wir versuchen, gemeinsam eine Lösung zu finden. Wir meistern die Situation nur, weil wir als Familie zusammenarbeiten. Von zu Hause aus zu arbeiten, ist auch hilfreich, weil man dabei sein kann, aber das ist sicher nicht mit jedem Job vereinbar. Es hilft mir sehr, mich mit anderen informellen Pflegekräften auszutauschen, denn sie verstehen die Situation am besten.

Wurden Sie als pflegende:r Angehörige:r schon mal diskriminiert? Wenn ja, was empfinden Sie dabei?

Ich habe oft den Eindruck, dass in der Gesellschaft kaum Verständnis vorhanden ist. Der Begriff Alzheimer oder Demenz sagt den meisten Menschen etwas, aber sie wissen nicht wirklich, was damit gemeint ist. Das habe ich in Gesprächen mit Freunden schnell gemerkt. Sie können sich den Alltag und die Herausforderungen nicht vorstellen. Sie denken oft, es sei nur Vergesslichkeit, aber sie sehen nicht, was dahinter steckt. Es kann auch zu unangenehmen Situationen im Sportverein, in Restaurants oder allgemein im öffentlichen Raum führen. In unserer Gesellschaft müssen wir oft Dinge sehr schnell erledigen. Ein Beispiel ist der Supermarkt.

Man muss seine Einkäufe schnell einpacken und bezahlen. Meinem Vater fiel dies jedoch zunehmend schwer. Er musste sich sehr konzentrieren und brauchte Hilfe, aber dafür gab es meistens kein Verständnis. Das Essen im Restaurant mit Messer und Gabel ist schwierig geworden und er kann die Speisekarte nicht mehr lesen. Die Familie muss einspringen, aber es wäre schön, wenn es etwas mehr Verständnis und Zeit für die Betroffenen gäbe. Es gibt aber auch positive Beispiele. Vor allem in kleineren Geschäften sind die Verkäuferinnen und Verkäufer sehr geduldig mit meinem Vater und nehmen sich die Zeit, Dinge zu erklären. Das weiß man wirklich zu schätzen.

Gibt es etwas, das Sie Menschen, die nicht in Ihrer Situation sind, mitteilen möchten?

Ich würde mir mehr Verständnis für die Herausforderungen wünschen, mit denen pflegende Angehörige konfrontiert sind.